Zwangsstörungen: Wenn Gedanken und Handlungen den Alltag übernehmen

Zwangsstörungen gehören zu den psychischen Erkrankungen, die häufig unterschätzt und oft zu spät behandelt werden. Dabei sind sie ernst zu nehmen: sie können zu starkem inneren Druck, Isolation und Funktionseinschränkungen führen.

Was sind Zwangsstörungen?

Zwangsstörungen sind gekennzeichnet durch das wiederholte Auftreten von Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen, die als unangenehm, irrational oder beängstigend empfunden werden. Die Betroffenen erleben ihre Gedanken oder Handlungen als aufdringlich und versuchen oft, sich dagegen zu wehren - meist vergeblich. Der innere Druck wächst, wenn Rituale nicht ausgeführt werden.

Zwangsgedanken: Die unsichtbare Qual

Zwangsgedanken sind wiederkehrende, belastende Gedanken oder Impulse, die sich kaum unterdrücken lassen. Sie sind nicht gewollt, lösen Scham aus und erzeugen häufig Angst.

Typische Inhalte:

  • Aggressive Impulse („Ich könnte meinem Kind etwas antun“)

  • Angst vor Verschmutzung oder Ansteckung („Ich stecke mich an, wenn ich Besuch habe“)

  • Übertriebene Sorgen über Symmetrie, Ordnung, religiöse oder sexuelle Themen

Beispiel: „Ich kann niemanden in die Wohnung lassen, ich könnte sonst krank werden oder jemanden anstecken.“

Zwangshandlungen: Wenn Rituale das Leben bestimmen

Zwangshandlungen werden ausgeführt, um die Zwangsgedanken zu neutralisieren oder Angst zu reduzieren. Sie werden oft in festen Abläufen oder Ritualen wiederholt, mehrmals täglich, oft über Stunden hinweg.

Häufige Formen:

  • Waschzwang (ständiges Händewaschen bis zur Hautschädigung)

  • Kontrollzwang (Herd, Fenster, Tür mehrfach kontrollieren)

  • Ordnungs- oder Zählzwang (bestimmte Reihenfolgen oder Zahlen einhalten)

Beispiel: „Ich putze die Wohnung immer wieder, obwohl alles bereits sauber ist - es fühlt sich einfach nicht richtig an.“

Häufige Begleiterkrankungen

Zwangsstörungen treten oft nicht isoliert auf. Laut Bundespsychotherapeutenkammer leiden viele Betroffene zusätzlich unter:

  • Depressionen

  • Angststörungen

  • Essstörungen

  • Suchterkrankungen

  • Tic-Störungen

  • ADHS

  • Psychosen

Diese Komorbiditäten verstärken das Leiden und erschweren die Alltagsbewältigung zusätzlich.

Wer ist betroffen?

Studien zeigen:
Rund 3 Prozent der Bevölkerung entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Zwangsstörung (Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie DGPPN).
Die Erkrankung beginnt häufig bereits im Kindes- oder Jugendalter, oft zwischen dem 10. und 18. Lebensjahr.

Auswirkungen auf Schule, Familie und Alltag

Im sozialen Umfeld stoßen Betroffene oft auf Unverständnis, Ablehnung oder werden als „übertrieben“ abgestempelt. Partnerschaften, Freundschaften und familiäre Beziehungen leiden. In Schule oder Beruf führt die Erkrankung oft zu Leistungseinbrüchen oder Rückzug.

Viele Betroffene schämen sich und versuchen, ihre Symptome zu verstecken - was zu noch mehr innerem Druck führt.

Warum viele Betroffene keine Hilfe suchen

Gerade Eltern oder Angehörige nehmen erste Symptome oft nicht ernst:

  • Das ist nur eine Phase.

  • Das hatte ich früher auch - das geht wieder weg.

  • Ich will nicht, dass mein Kind eine Diagnose bekommt.

  • Therapie? Dafür ist er/sie doch nicht “krank” genug.

Diese Sätze halten viele davon ab, frühzeitig professionelle Hilfe zu suchen, obwohl die Chancen auf Besserung in einer früh begonnenen Therapie deutlich höher sind.

Wann professionelle Hilfe notwendig ist

Wenn Gedanken oder Rituale das Leben bestimmen, Beziehungen belasten oder Kinder/Jugendliche zunehmend leiden, ist therapeutische Unterstützung sinnvoll und entlastend.

In meiner Praxis in Maisach im Landkreis Fürstenfeldbruck begleite ich Kinder, Jugendliche und Erwachsene behutsam und achtsam, mit fundierter psychotherapeutischer Expertise und einem Blick für das individuelle Erleben.

Fazit: Zwangsstörungen sind behandelbar, aber sie brauchen Raum und Verständnis

Je früher Zwangssymptome erkannt und ernst genommen werden, desto besser sind die Chancen auf Linderung. Eine achtsame, wertschätzende therapeutische Beziehung kann Betroffenen helfen, wieder Vertrauen in sich und den eigenen Alltag zu entwickeln: Schritt für Schritt.

Quellenangaben: Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK): www.bptk.de, DGPPN – Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Statistisches Bundesamt (destatis.de), RKI Gesundheitsberichterstattung, ICD-11, WHO
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